In den Besinnungen um 13.00 Uhr in der Vesperkirche, aber auch in den Gesprächen an den Tischen gibt es immer wieder Gedankenanstöße, die es wert sind auch einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu sein. Lesen Sie weiter…

Ein anderes Tischgebet (nach Psalm 34)

Aus Psalm 34:
„Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind
und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“

Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast
Und besuch uns mal im Knast.
Erzähl mal denen vom Vergeben
Die hinter dicken Mauern leben.
Die draußen – sind sie auch entlassen
Im Leben keinen Fuß mehr fassen.

Setz dich zu mir mal auf die Bank,
im Winter wird man da schnell krank.
Und kuck dir mal die Straße an,
wo doch niemand leben kann.
Mal zu heiß und meist zu kalt,
Viel Alkohol und viel Gewalt.

Geh hin, wo keiner dich erkennt
Und man dich nicht beim Namen nennt,
Sondern ihn höchstens mal verstimmt
Zur Hilfe sich beim Fluchen nimmt.

Ins Haus, in dem sich alle hassen
Und den Kindern eins verpassen.
Komm, wenn bei angebrannten Essen
Ehemänner sich vergessen.

Wenn ich statt Geld nur Schulden habe,
Vom Pech verfolgt, ein Unglücksrabe,
Und unter allergrößten Nöten
Lebe von viel zu wenig Kröten.

Komm, wenn ich die Kinder schlage,
Und mich selbst nicht mehr ertrage,
Anders bin, als ich gern wär
Und nur denk: Ich kann nicht mehr.

Komm, wenn ich den Job verliere
– denn das geht mir an die Niere.
Komm, wenn ich mich dann besaufe
Vom letzten Geld nur Schnaps mir kaufe.

Komm, wenn der letzte Mut mir sinkt,
Dass die Zukunft Gutes bringt,
Ich den Gedanken kaum ertrage
An vergangene bessre Tage.

Und geh ruhig auch zu den Reichen
Mit ihren Kellern voller Leichen.
Und schau nach, ob all die Sachen
Sie auch wirklich glücklich machen.

Irgendeiner sollte wissen
Wie´s zugeht hinter den Kulissen.
Was man da untern Teppich kehrt,
Wär wirklich mal der Rede wert!

Geh mal zu den schwarzen Schafen,
Den Verwandten von den Braven,
Und lass dir dann mal erzählen
Welche Sorgen die so quälen.

Und komm mal in mein stilles Zimmer,
Wo ich alleine sitze, immer.
Und lass mich dann mal nicht alleine,
Wenn ich um mein Leben weine.

Bleib, wenn ich nicht weiter weiß
Und um meine Sorgen kreis.
Wenn ich selbst dann kein Licht mehr sehe,
wenn ich gleich daneben stehe.

Komm, wenn ich nicht mehr glauben kann
Ich treff noch mal ´nen netten Mann.
Oder das überhaupt ein Gast
Noch mal meine Tür anfasst.

Komm, du könntest uns doch leiten,
Wenn die Dinge uns entgleiten.
Komm doch mal ganz ungelegen
Und tröste uns mit deinem Segen.

Was, all das hast du schon gesehen?
Das muss wohl in der Bibel stehen…
Und du bist einer, der das kennt?
Es selbst gesehn hat und benennt?
Bist immer gern bei dem gesessen,
Den die andern gern vergessen?

Ja, bist du denn dann auch bei mir?
Jetzt gerade, heut und hier?
Hab ich dich auch noch nicht getroffen
So möchte ich das doch gerne hoffen.

Und wenn, dann Prost und Appetit
Ich esse heut mal für dich mit.
In diesem feierlichen Rahmen
Sei du mein Gast. Ich grüß dich.
Amen.

Ute Gebert, Krankenhauspfarrerin, Januar 2007

Wegsehen oder Ansehen

Welche Erinnerungen haben Sie an ihren Sportunterricht in der Schule, besonders bei dem Thema Mannschaftseinteilung?

Es ist ja häufig so, dass Schüler bei Mannschaftsspielen wie Fußball, Basketball, Handball oder Volleyball die Teams wählen dürfen. Meist ist es so, dass es eine inoffizielle Reihenfolge gibt: je besser man spielt, umso schneller wird man gewählt. Häufig ist es so, dass die unsportlichen die letzten sind und als das notwendige Übel auch aufgeteilt werden. Das kann eine sehr gnadenlose Prozedur in den Schulklassen sein. Nachmittags geht dies auf dem Bolzplatz oder dem Volleyballfeld  noch einmal so.

Bei mir war es so, dass ich in der Schule in der Mitte war und auf dem Bolzplatz bei den letzten, da ich nicht im Verein gekickt habe.

Es gibt schwerwiegendere Situationen, in denen Menschen übersehen und nicht angesehen werden.
Da steht eine Beförderung am Arbeitsplatz an, doch es wird ein anderer gesehen, obwohl ich die viel besseren Voraussetzungen für diesen Job habe. Oder bei der Begegnung mit Menschen, bei denen es interessant gewesen wäre, ihnen zu begegnen, werde ich einfach übersehen.
Ein Mann, der durch unglückliche Lebensumstände monatelang als Bettler auf der Königsstraße in Stuttgart gesessen hat, erzählte einmal: „Das brutalste ist, dass dich keiner mehr ansieht. Selbst die Leute, die Geld in deine Mütze werfen, vermeiden es, dir ins Gesicht zu sehen. Du hast kein Ansehen mehr.“

Gibt es für mich Menschen, bei denen ich den Blickkontakt meide? An welchen Menschen sehe ich geflissentlich vorbei? Wem verweigern wir das Ansehen?

In der Bibel wird uns an mehreren Stellen davon berichtet, dass Jesus Christus Menschen ansieht, die kein Ansehen mehr hatten. Da ist z.B. jener Zöllner, bei dem man in der damaligen Zeit normalerweise den Blickkontakt vermied, sein Gesicht wegdrehte oder machte, das man weiterkam. Von Jesus wird berichtet im Matthäusevangelium: „…da sah er einen Menschen.“
Jesus sieht Menschen anders. Er sieht nicht den Halsabschneider, Lügner, Betrüger, Trickser – er sieht den Menschen.
Auch die Vesperkirche sieht den Menschen an und nicht weg.

Wort zum Tag von Jugendreferent Markus Buck, 23. 01. 2008

``Mahlzeit!``

Was soll eigentlich dieser Gruß um die Mittagszeit, auf der Baustelle oder im Betrieb, beim Anstehen in der Kantine oder in der Mensa? Vor wenigen Tagen hat mich einer der Gäste der Vesperkirche am Eingang der Pauluskirche so begrüßt und spontan hab ich ihm ebenso geantwortet: „Mahlzeit!“

Und dann musste ich über mich selber schmunzeln: Eine ungewöhnliche Begrüßung an der Kirchentür. Passiert mir selten. Was alles in solch einem kurzen Gruß steckt: „Grüß Gott und schön, dass Du da bist.“ „Gut, dass es auch mal Pausen gibt.“ „Ich nehm‘ mir jetzt eine Auszeit.“ „Dann lass es Dir erstmal schmecken.“

Aber es könnte ja auch eine Abkürzung sein für den frommen Wunsch, den wir so nur noch selten über die Lippen bringen: „Gesegnete Mahlzeit!“

Obwohl wir uns wahrscheinlich alle mehr oder weniger danach sehnen, dass unser Essen mehr wäre, als nur der gefüllte Bauch: Klar, satt zu werden ist erstmal das Wichtigste. Und wenn’s damit nicht klappt, wenn zu wenig da ist, dann ist alles andere auch schwierig. Aber mit dem Sattwerden allein ist’s eben nicht getan.

„Gesegnete Mahlzeit!“ – das könnte heißen:
Ich wünsch dir, dass du in Frieden mit denen essen kannst, die mit dir am Tisch sitzen. Oder ich wünsch Dir, dass da überhaupt jemand sitzt, der dich sieht und dich achtet und mit dir den Tisch teilt. Ich wünsch dir, dass ihr das Tischtuch zwischen euch nicht zerschneidet oder dass ihr wieder einen Weg findet, um neu miteinander anzufangen.

Das wär eine „gesegnete Mahlzeit“, wenn die anderen nicht dasitzen würden und denken: Soll er doch selber auslöffeln, was er sich eingebrockt hat. Sondern wenn einer mich fragen würde, warum mir’s schlecht geht und mit mir überlegen würde, wie ich da wieder rauskommen könnte, wo ich mich vielleicht selber hineinmanövriert habe, wo ich Hilfe bekommen und annehmen könnte.

Eine „gesegnete Mahlzeit“ das wär eine Mahlzeit, die mir genug Kraft gibt, um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, auch die anderen um mich zu sehen mit ihren Fragen und Bedürfnissen.

Eine „gesegnete Mahlzeit“, das hieße über Unterschiede und Grenzen hinweg miteinander ins Gespräch zu kommen, gemeinsam an einem Tisch, voneinander zu lernen und einander in dieser Unterschiedlichkeit auch stehen zu lassen und zu akzeptieren.

Und eine „gesegnete Mahlzeit“ wär’s schließlich, wenn ich spüren und glauben könnte, dass da noch einer mehr am Tisch sitzt, einer, den ich nicht sehe und von dem ich doch weiß: Er lässt mich nicht los und sieht mich ganz gleich, was grad bei mir los ist, als das, was ich bin und bleibe: Sein Geschöpf, ein Gast an seinem Tisch.

In diesem Sinn wünsch ich Ihnen eine „gesegnete Mahlzeit“ – in der Vesperkirche und anderswo, begleitet von Gottes Segen.

Pfarrer Andreas Güntter im Wort zum Sonntag Südwestpresse 19.01.2008

Ein Lied für die Vesperkirche...

Melodie: Aux Champs-Elysées

„Wir singen für Sie, – müd‘ werden wir nie!
Klinge dies‘ kleine Lied, das in alle Räume zieht;
der Menschen Seele und ihr Herz befrei‘ es von Schmerz.

Wenn jeder Mensch in jeder Stadt
’nen einz’gen Euro übrig hat,
dann hätte jeder was er braucht und Freunde dazu.
Es weitete sich unser Blick
und trüge bei zu aller Glück.
Wenn wir den Weg gemeinsam geh’n, dann zählt nur das Du.

Wir singen für Sie…

Zusammensteh’n in dieser Zeit
und leben für Gemeinsamkeit;
denn nur, wer seinen Nächsten liebt, ist Teil uns’rer Welt.
Wir jagen gern den Gütern nach,
die uns’re Sinne halten wach,
doch teilen mit dem Nächsten ist im Leben, das zählt.

Wir singen für Sie…

Wenn schwach wir sind und ganz verzagt,
dann ist ein Lied stets angesagt.
Gesang macht unser Herz gesund und alles läuft rund.
Wir haben es schon lang erkannt,
dass Singen viele Sorgen bannt.
Das wissen nicht nur wir allein und laden Sie ein:

Oh, singen ist schön – ja, singen ist schön!
Klinge dies‘ kleine Lied, das in alle Räume zieht;
der Menschen Seele und ihr Herz befrei‘ es von Schmerz!“

Marianne Brunner – Happy-Jazz-Singers 2008